An Distribusion-Gründer Johannes Thunert
Johannes, worum geht es bei Distribusion?
Unsere Vision ist es, Fernbus- und Shuttlebusse online und offline genauso einfach buchbar zu machen wie Flüge oder Hotels. Dazu entwickelt Distribusion eine Technologie, die Busanbieter mit Vertriebskanälen, wie zum Beispiel Reisewebsites, Reisebüros oder bestehenden Buchungssystemen, weltweit verbindet. Im Fachjargon der Reiseindustrie nennt man so etwas ein Globales Distributionssystem (GDS). Bisher akquirieren, integrieren und managen die Busunternehmen ihre Vertriebspartner selbst. Mit Distribusion entfällt dieser Aufwand und sie können über unser internationales Netzwerk an Vertriebskanälen neue Kundengruppen erreichen.
Wer ist denn Eure Zielgruppe?
Wir sind ein B2B-Technologie-Startup. Unsere Partner sind Fern- und Shuttlebusunternehmen, die ihre Tickets in den Vertriebskanälen, die mit uns zusammenarbeiten, verkaufen wollen. Damit können sie neue Zielgruppen erreichen und die Auslastung ihrer Busse zu erhöhen. Auf der Reseller-Seite nutzen Reise- und Mobilitätswebsites, Reisebüros oder andere Systemanbieter weltweit unsere API oder unser Buchungs-Frontend, um eine Vielzahl an Busprodukten auf ihrer Plattform zu integrieren und für ihre Kunden direkt buchbar zu machen.
Wie seid Ihr auf die Idee für Euer Startup gekommen?
Mein Mitgründer Julian und ich kennen uns noch aus der Schulzeit. Er hat nach dem Studium einige Jahre als IT-Consultant bei der Deutschen Post DHL gearbeitet. Ich konnte als Team Lead SEO bei GetYourGuide schon einige Startup-Erfahrung sammeln. Bereits im Studium hatte Julian im Rahmen seiner Abschlussarbeit einen Algorithmus zum Matching von Fahrplaninformationen entwickelt. Als sich mit der Liberalisierung des Fernbusmarkts in Deutschland Anfang 2013 eine Gelegenheit im Markt ergab, sind wir zunächst mit Fahrtenfuchs.de an den Start gegangen – einer Vergleichsseite für Fernbusverbindungen in ganz Europa. Im Laufe der Zeit haben wir aber einen immer stärkeren Bedarf für ein B2B-Produkt in der Branche entdeckt das hat uns schließlich zu Distribusion geführt.
Ihr habt also einen Pivot gemacht. Kannst Du etwas genauer erklären, warum Euch dazu entschlossen habt?
Fahrtenfuchs.de lief zwar sehr gut, hat aber als B2C-Plattform aus unserer Sicht das eigentliche Problem der Fernbusbranche nicht komplett gelöst: Statt immer neue Vertriebskanäle und Vergleichsseiten aufzubauen, wollten wir Bustickets auf bereits existierenden Kanälen wie Reisewebsites, in Reisebüros oder bei Reiseveranstaltern direkt buchbar machen. Dies entspricht sowohl dem Kundenwunsch, als auch dem des Busunternehmens. Im Laufe der Zeit sind immer mehr Unternehmen auf uns zugekommen um unsere Daten und Buchungsfunktionen zu nutzen. Als B2C-Unternehmen sieht man sich dann mit dem Problem konfrontiert, dass vermeintliche Wettbewerber nun Kunden sind – ein Spannungsfeld, das langfristig nicht funktioniert. Als mehrere große Unternehmen dazu übergegangen sind auf unsere Technologie zu setzen, haben wir den Pivot komplett vollzogen und wir sind sehr glücklich mit dieser Entscheidung.
Wie verdient Ihr mit Distribusion Geld?
Unser Geschäftsmodell basiert auf Transaktionsgebühren. Für jedes Ticket, das ein Busanbieter über unser System verkauft, berechnen wir eine fixe Gebühr. Das hat den Vorteil, dass nur Kosten entstehen, wenn auch tatsächlich Tickets verkauft werden und Umsatz erzielt wird. Die Vertriebskanäle erhalten zusätzlich vom Fernbusanbieter eine Provision, die wir eins zu eins an sie weiterleiten. Damit gehen wir über unsere eigentliche Rolle als Technologieanbieter hinaus, da wir auch das Ticketing, die Zahlung und den Geldtransfer vom Endkunden zum Busunternehmen und Vertriebskanal organisieren.
Wie konntet Ihr Eure Investoren nach dem Pivot vom neuen Geschäftsmodell überzeugen?
In der letzten Runde haben vor allem unser schnelles Wachstum sowie das globale Potenzial überzeugt. Wir konnten schnell die „Marketplace-Herausforderung“ lösen und auf beiden Seiten unseres Geschäftsmodells viele Partner für eine Zusammenarbeit gewinnen. Mit dabei sind große Anbieter und Marktführer wie Postbus, Berlinlinienbus.de oder National Express. Wir haben bereits mehr als 150 Anbieter aus mehr als 25 Ländern in unser System integriert. Auch die Nachfrage auf der Seite der Vertriebskanäle ist sehr groß. Heute nutzen Websites mit insgesamt mehr als zehn Millionen Nutzern pro Monat sowie 4000 Reisebüros unsere Lösung und wir sind sehr zuversichtlich in den nächsten Monaten weiter stark zu wachsen.
Dabei helfen sicher die sechs Millionen Euro, die Ihr kürzlich eingesammelt habt. Was habt Ihr damit konkret vor?
Mit der Finanzierung wollen wir vor allem unsere Produkt- und Technologieentwicklung weiter vorantreiben und viele neue Busunternehmen und Vertriebskanäle integrieren. Dafür planen wir unsere Teams in Berlin und Bonn bis Ende des Jahres zu verdreifachen. In den nächsten Monaten suchen wir vor allem Ruby-on-Rails-Backend-Entwickler, Frontend-Entwickler, Produktmanager sowie neue Mitarbeiter im Business Development und Marketing. Darüber hinaus wollen wir unsere Marktabdeckung in und außerhalb Europa weiter ausbauen und in die großen Fernbusmärkte in Südamerika sowie Südostasien expandieren.
Es gibt viele Startups und Plattformen, die sich in Eurer Branche bewegen. Ich denke da an GoEuro, Busliniensuche.de oder auch MeinFernbus Flixbus. Wie grenzt sich Distribusion von seinen Wettbewerbern ab?
Weltweit gibt es verschiedene Systeme, die etwas Ähnliches machen wie wir. Der entscheidende Unterschied ist allerdings, dass sie nur in einem Land oder in einer Region aktiv sind. Außer Distribusion gibt es kein System, das Fernbusanbieter weltweit mit Vertriebskanälen verbindet und damit eine globale Reichweite für beide Seiten schafft. Mit 2,9 Millionen buchbaren Verbindungen zu knapp 1500 Zielen in Europa, sind wir schon heute die Plattform mit dem größten Angebot und der größten Reichweite.
Die genannten Websites sind B2C-orientiert und zählen zum Teil bereits schon zu unseren Partnern. Während sie vor allem Endkunden auf ihre Seite bringen müssen, konzentrieren wir uns auf unsere B2B-und Technologiekompetenz, nämlich Busunternehmen zu integrieren und über unsere API, unser Reisebüro-Frontend sowie White-Labels an unsere Partner auszuliefern.
Wo steht Distribusion in einem Jahr?
Das ist immer schwierig zu beantworten. Wir sind heute bereits in vielen Bereichen weiter als wir das vor einem Jahr gedacht haben. Aber trotzdem liegt noch ein langer Weg vor uns. Bis nächstes Jahr wollen wir in Europa noch stärker werden und mehr Partner integrieren. Außerdem planen wir global zu expandieren und mit unserer Lösung in Südamerika und Südostasien zu starten. Intern werden wir dazu vor allem unser großartiges Team vergrößern, ein größeres Büro in Berlin beziehen und zwei neue Büros im Ausland eröffnen. Langfristig wollen wir unsere Position als führendes GDS für Fern- und Shuttlebusprodukte natürlich festigen und ausbauen. Im Fokus wird immer stehen, Technologie und Produkt so perfekt wie möglich zu entwickeln, um Busanbietern und Vertriebskanälen den größtmöglichen Mehrwert zu bieten.
Was waren Eure bislang größten Herausforderungen?
Eine der größten Herausforderungen für junge Unternehmen ist fokussiert zu bleiben. Es gab Momente, in denen wir eine Chance gesehen und verfolgt haben, obwohl diese strategisch nicht auf der Agenda stand. Unsere Stärke liegt sicherlich in der schnellen Internationalisierung. Mit unserem Kernprodukt sind wir erst seit neun Monaten am Markt und haben bereits heute das größte buchbare Busnetz in Europa mit über 25 Ländern.