Unternehmen und Founders‘ Dispute

Strategien zur Auflösung von Gründer Streitigkeiten in der Early Stage

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15/03/2024
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Wird das Start-up bereits in der Early Stage ohne (wesentliche) Gewinne und mit hohem Kapitalbedarf, als GmbH geführt, handelt es sich in diesem Falle aus rechtlicher Sicht um eine handfeste gesellschaftsrechtliche Streitigkeit, die auch etablierte Unternehmen vor ernste Probleme stellen kann.

Dem Start-up, ebenso wie den Gründer*innen fehlt es aber regelmäßig an der für die Führung einer solchen Auseinandersetzung notwendigen Erfahrung und insbesondere den entscheidenden Ressourcen: Zeit und Geld.

FPS erklärt, welche Ausgangslage, Risiken und Lösungen für Gründer*innen- und Start-ups bestehen, um sich bereits durch vertragliche Gestaltung rechtlicher Rahmenbedingungen vor Auseinandersetzungen im Gründerteam zu schützen und klare Wege zu normieren.

Emotionen, Streit und Blockade

Streit über die richtige Strategie oder die Zusammensetzung des Teams werden nicht selten mit besonderer Härte und Emotionalität geführt, da die unternehmerische und menschliche Unerfahrenheit der oftmals jungen Gründer*innen, ein fehlendes Konfliktmanagement, sowie deren feste emotionale Verbundenheit mit dem „eigenen Baby“ für verhärtete Fronten sorgen. Eine schnelle Lösung ist oft nicht in Sicht: Die Folgen können jahrelange und kostenintensive gerichtliche Auseinandersetzungen sowie Reputationsschäden sein; Investoren springen ab; durch rechtliche Maßnahmen droht die vollständige Blockade. Durch Arbeitsvertrag, vertragliche Wettbewerbsverbote, Leaver-Klauseln und Treuepflichten sind Gründer*innen an der Aufnahme einer neuen Tätigkeit oder der Gründung eines anderen Start-ups gehindert.

Zur Vermeidung eines Scheiterns des Start-ups in der Early Stage ist daher regelmäßig ein einvernehmlicher Weg zu empfehlen, der das Auseinandergehen der Gründer*innen rechtssicher durch eine nachhaltige Vertragsregelung in geordnete Bahnen lenkt.

Das Geld ist rar

Im Early-Stage verfügt weder die Gesellschaft über ausschüttungsfähige Gewinne noch stehen den Gründer*innen ausreichende Einkünfte zur Verfügung. Selbst nach einer ersten Seed Round sind die Mittel im Business-Plan an den Willen der Investoren gebunden, keinesfalls wird es Verständnis dafür geben, die Investorengelder in einer Auseinandersetzung der Gründer*innen zu nutzen.

Attraktivitätsverlust bei Investoren

Für potenzielle Investoren ist beim Streit unter Gründer*innen unklar: Welches Team bleibt? Welches Know-How, welche Kapazitäten und Persönlichkeiten sind auch zukünftig verfügbar? Die erfolgreiche Durchführung weiterer Financing Rounds ist in dieser Situation unwahrscheinlich. Den Gründer*innen droht der Reputationsverlust: Schließlich erfolgt ein Investment in der Regel nicht aufgrund bestimmter Kennzahlen, sondern aufgrund der Persönlichkeiten, Ideen und Fähigkeiten innerhalb des Teams. Kommt es dennoch zur Auseinandersetzung, ist das Hinterlassen „verbrannter Erde“ daher unbedingt zu vermeiden. Wer sich hingegen den Ruf erarbeitet hat, selbst in einer frühen Krisensituation sachlich und besonnen zu handeln, wird damit kaum zukünftige Investoren verschrecken.

Gesetz liefert keine Lösung

Soll einer oder mehrere Gründer*innen aus dem Start-up ausscheiden, stellt sich die Frage nach dem Umgang mit den von ihnen gehaltenen (GmbH-)Anteilen. Ist in der GmbH-Satzung die zwangsweise Einziehung eines Anteils nicht vorgesehen, sind die Gründer*innen trotz Streits vorerst aneinander gebunden und es entsteht – je nach Beteiligungsverhältnis – eine Pattsituation in der Gesellschafterversammlung. Ein erfolgreicher Fortbestand des Unternehmens ist dann unwahrscheinlich. Unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Stellung der Gründer*innen ist die organschaftliche Stellung als Geschäftsführer*in bzw. die arbeitsrechtliche Situation zu beurteilen. Eine Anstellung einer Gründer*in als CEO oder CFO kann zwar gekündigt werden. Auswirkungen auf die Gesellschafterstellung der Gründer*innen im Start-up hat das nicht. Wiederum selbstständig ist die organschaftliche Stellung des Gründergeschäftsführers zu beurteilen, die nur durch Gesellschafterbeschluss beendet werden kann.

Vorsorge durch nachhaltige vertragliche Regelungen

Die juristischen Rahmenbedingungen eines ordentlich aufgestellten Start-ups beinhalten daher typischerweise (teilweise technisch komplizierte) vertragliche Mechanismen, die den möglichen Gründer*innen Streit und auch das auf anderem Grund beruhende Ausscheiden einer Gründer*in bereits antizipieren und so in Richtung eines einvernehmlichen, zügigen, rechtssicheren und damit risiko- und kostenarmen Austritts hinsichtlich der gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Komponente kanalisieren.

Neben dem Gesellschaftsvertrag werden, je nach Stadium des Start-ups, typischerweise Investitions- und Gesellschaftervereinbarung (Investment and Shareholder Agreement) geschlossen. Hierin gilt es dann auch, den Fall des Ausscheidens von Gründer*innen zu regeln. Zu adressieren sind insbesondere Gründe und Mechanismen für einen Ausschluss einer Gründer*in als Gesellschafter*in und/oder Geschäftsführer*in. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auf der einen Seite häufig keine Liquidität für eine Abfindung der betroffenen Gründer*in vorhanden sein wird und andererseits die ausscheidende Gründer*in nicht schutzlos gestellt sein darf. Abhilfe schaffen an dieser Stelle insbesondere dezidiert geregelte Klauseln zu zwangsweisen Einziehungsrechten bzw. Anteilsübertragungen (Good/Bad Leaver), flankiert durch Optionsrechte (Put-/Call-Optionen). Hierbei können klare Ereignisse (Verletzung von Gesellschafter- oder Geschäftsführerpflichten, Amtsniederlegung ohne wichtigen Grund, Verstoß gegen Reserved Matters etc.) die Möglichkeit zur Auslösung der Optionsrechte abbilden. In diesem Falle würde der Gründer durch Ausübung des Optionsrechts mit sofortiger Wirkung ausscheiden und das Start-up könnte sich wieder auf das Kerngeschäft fokussieren.

In der Folge steht dem ausscheidenden Gründer eine Abfindung für sein Ausscheiden aus der Gesellschaft zu, wobei zwischen (i) Dauer (und damit seinem Verdienst am Erfolg) des Start-ups und (ii) Grund seines Ausscheidens (sog. Good Leaver bzw. Bad Leaver Szenarien) zu differenzieren ist. Als Faustformel sollte gelten, je länger der ausscheidende Gründer beteiligt ist, desto mehr hat er sich seine Abfindung zum vollen Wert „verdient“ (sog. Vesting Periode). Auf der zweiten Stufe ist danach zu unterscheiden, inwiefern der ausscheidende Gründer nach im Vertrag festgelegten Fällen ein Verschulden an der Auseinandersetzung trägt (Good bzw. Bad Leaver. Typische Good Leaver sind dabei langfristige Erkrankungen, Abberufung durch die Gesellschafterversammlung ohne wichtigen Grund etc. Bad Leaver sind hingegen oftmals Fälle wie Pflichtverletzungen in einer Organfunktion oder eine Amtsniederlegung durch den Gründer. Es gilt: je präziser die Fälle formuliert, desto besser. War der Gründer also lange beteiligt und scheidet aufgrund eines Good Leaver aus, sollte er möglichst nah am Verkehrswert (der sich aus Praktikabilitätsgründen an der letzten Post-Money Bewertung orientieren könnte) Beteiligung vergütet werden. Scheidet er frühzeitig aufgrund eines Bad Leaver aus, wird nicht selten der bloße Nominalwert zu zahlen sein.

Hinsichtlich der Auszahlung der Abfindung sollte der Gesellschaftsvertrag eine gestaffelte Auszahlung oder eine (kombinierte) Einräumung einer virtuellen Beteiligung vorsehen, um die bei Start-ups regelmäßig angespannte Liquiditätssituation nicht zu verschärfen.

In der technischen Umsetzung sollte für die grundlegenden Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung über den Ausschluss eines Gründers und die zwangsweise Einziehung seiner Anteile eine sog. Investoren Mehrheit entscheiden, sodass die Entscheidungen nicht ohne die Zustimmung der (wichtigsten) Investoren getroffen werden können. Dies sorgt für eine Verschiebung der maßgeblichen Entscheidungskompetenz zu den wirtschaftlich maßgeblich Beteiligten, die oftmals aber auch erfahrener und weniger emotional agieren, und führt damit zu einem Handeln im Interesse des Start-ups. Ein zwangsweiser Ausschluss eines Gründers durch die anderen Gründungsgesellschafter*innen an den Investoren vorbei ist daher kaum denkbar und sollte im Sinne des Unternehmens und aufgrund der zumeist leitenden Emotionalität vermieden werden. Ein nicht abgestimmtes „Vorpreschen“ dürfte zudem auch dem Vertrauen der Investor*innen nicht förderlich sein, zumal mit dem Ausscheiden eines Gründungsgesellschafters aus Investor*innen-Sicht wichtiges „Know-how“ das Unternehmen verlässt.

Gestaltung eines Austritts aus dem Start-up: Weitere rechtliche Folgeprobleme

Ist der ausscheidende Gründer, zugleich Geschäftsführer oder Arbeitnehmer des Start-ups, muss auch hier, auf gesonderter arbeitsrechtlicher bzw. dienstvertraglicher Schiene, die einvernehmliche Aufhebung oder die Kündigung des Arbeits- oder Anstellungsverhältnisses gestaltet werden. Aus Sicht des Start-ups sollte dabei berücksichtigt werden, dass mit dem Ausscheiden eines Gründers unter Umständen sehr viel Know-How aus dem Unternehmen abfließt, sodass insbesondere die Rechteverwertung an Erfindungen oder entwickelter Software zwischen dem ausscheidenden Gründer und dem Start-up einer Regelung zu Gunsten des Unternehmens bedarf. Zu erwägen sind zudem Non-Compete und/oder Non-Solicit-Klauseln, die sicherstellen, dass der ausscheidende Gründer nicht in unmittelbarem Wettbewerb zum Start-up tritt und ihm vertraudes Kernpersonal abwirbt. Schließlich sind bei dem Austreten einer Gründer*in weitere Verträge im Zusammenhang mit dem Start-up in den Blick zu nehmen, wie etwa Wandeldarlehensverträge, Investment Agreement oder Shareholder Agreement, und hinsichtlich der neuen Zusammensetzung des Teams anzupassen.

Auf der Seite des Gründungsgesellschafters, dessen Ausscheiden in Rede steht, ist bei der Vorlage einer Aufhebungsvereinbarung durch die übrigen Gesellschafter*innen oder Gründer*innen zunächst Ruhe zu bewahren. Angesichts der im Start-up-Umfeld regelmäßig nicht sehr ausgeprägten unternehmerischen und rechtlichen Erfahrung sollte nicht etwa vorschnell die Arbeitsleistung verweigert oder die entsprechende Vereinbarung unterzeichnet werden, selbst wenn eine Drucksituation konstruiert wird. Hier empfiehlt sich in jedem Fall die Einholung rechtlichen Rats.

Zusammenfassung

Bei einem nicht aufzulösenden Gründer*innen-Streit in einem Start-up ist gerichtliches Vorgehen regelmäßig der „Anfang vom Ende“ eines womöglich vielversprechenden Start-ups. Es kostet alle Beteiligten mit hoher Wahrscheinlichkeit viel Geld, Zeit und nicht zuletzt einen guten Ruf in der Gründer*innen- und Venture Capital-Szene.

Will man auf Seite der Gesellschaft wirtschaftlichen Stillstand und einen Vertrauensverlust der Investor*innen vermeiden und will auf der anderen Seite der ausscheidende Gründer für das Geld, seine Arbeit und das Know-How, das er in das Start-up investiert hat, einen angemessenen Betrag erhalten, führt an einer einvernehmlichen Auflösung der vertraglichen Beziehungen durch eine vertragliche Vereinbarung kein Weg vorbei. Um die im Start-up-Umfeld gegebenen Bedingungen hierbei abzudecken, ist Umsicht und Kreativität gefragt, etwa bei der vertraglichen Vereinbarung einer virtuellen Beteiligung statt der Zahlung einer für die Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt schmerzhaften Abfindung.

In jedem Fall ist es wichtig, frühzeitig rechtlichen Rat zu suchen und ruhig zu bleiben. Im Start-up-Umfeld und bei rechtlichen Fragen ist es besonders wichtig, keine emotionalen Streitigkeiten zu führen.

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