The Line: Deutsche Unternehmen in Saudi-Arabiens Neom-Projekt
Das Neom-Projekt in Saudi-Arabien
Das Neom-Projekt ist ein ehrgeiziges Vorhaben der Regierung Saudi-Arabiens, das eine futuristische Stadt auf einer Fläche von 26.500 km² im Nordwesten des Landes entstehen lassen soll. Es befindet sich in der Nähe des Golfs von Akaba und der Küste des Roten Meeres. Das Projekt umfasst vier Hauptbauprojekte: die 170 km lange Bandstadt The Line, den Seehafen und Industriestandort Oxagon sowie die Ferienresorts Sindalah im Meer und Trojena in den Bergen.
Die Vision von Neom ist Teil der Projekte der „Vision 2030“ von Saudi-Arabien, die darauf abzielen, die Wirtschaft des Landes zu diversifizieren und die Abhängigkeit von der Ölförderung zu verringern. Das Projekt wurde im Jahr 2017 von Kronprinz Mohammed bin Salman vorgestellt und soll als wegweisendes Projekt für die Zukunftsplanung des Landes dienen. Es ist als Meilenstein gedacht, um Saudi-Arabiens Einkünfte zu diversifizieren und eine modernere, zukunftsorientierte Wirtschaft aufzubauen. Mit geschätzten Kosten von rund 420 Milliarden Euro ist Neom eines der teuersten Bauprojekte der Geschichte und soll eine Vielzahl von Arbeitsplätzen schaffen sowie das Bruttoinlandsprodukt des Landes erheblich steigern. Es soll ein Vorzeigeprojekt für modernen Urbanismus werden und den Wandel Saudi-Arabiens in eine zukunftsorientierte Gesellschaft symbolisieren.
Menschenrechtsverletzungen und Überwachung im Schatten des Großprojekts
Das Neom-Projekt hat seit seiner Ankündigung eine Reihe von Kontroversen hervorgerufen, insbesondere im Hinblick auf Menschenrechtsverletzungen und den Einsatz von Überwachungstechnologien. Menschenrechtsorganisationen haben wiederholt Vorwürfe gegen Saudi-Arabien erhoben, darunter auch im Zusammenhang mit dem Neom-Projekt.
Es gibt Berichte über die Zwangsumsiedlung von lokalen Gemeinschaften, um Platz für das Bauprojekt zu schaffen. Einige Bewohnende wurden ohne angemessene Entschädigung oder Alternativunterkünfte zwangsumgesiedelt, was zu Spannungen und Unruhen in der Region geführt hat. Ein UN-Bericht und Human Rights Watch dokumentieren sogar Todesurteile, Folter und drakonische Haftstrafen gegen die ethnische Minderheit der Howeitat in Saudi Arabien.
Darüber hinaus wurden Bedenken hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Behandlung von Arbeitsmigrantinnen und -migranten laut. Es gab Berichte über Ausbeutung, unzureichende Sicherheitsstandards und Verstöße gegen Arbeitsrechte auf den Baustellen von Neom. Gastarbeitende sollen unter anderem unter prekären Bedingungen gearbeitet haben, was zu hitzebedingten Gesundheitsproblemen und sogar Todesfällen geführt hat.
Zusätzlich wird Saudi-Arabien beschuldigt, ein umfassendes Überwachungssystem in Neom zu implementieren, um die Bewegungen der Bürgerinnen und Bürger zu kontrollieren und politische Dissidenz zu unterdrücken. Es wird befürchtet, dass die umfangreiche Überwachung die Privatsphäre und die Rechte der Bewohner beeinträchtigen könnte.
Die Kritik an Menschenrechtsverletzungen und dem Einsatz von Überwachungstechnologien im Zusammenhang mit dem Neom-Projekt hat zu internationalen Protesten und Forderungen nach Transparenz und Rechenschaftspflicht seitens der saudi-arabischen Regierung geführt.
Kritik an deutscher Beteiligung
Die Beteiligung bestimmter deutscher Unternehmen am Neom-Projekt hat ebenfalls eine Kontroverse hervorgerufen, insbesondere im Hinblick auf ethische Bedenken und die Einhaltung von Menschenrechtsstandards.
Unternehmen wie die Bauer AG, Volocopter und Siemens Energy, die am Bau von Neom beteiligt sind, haben sich den Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen und der Missachtung von Arbeitsrechten gegenübergestellt. Die Unternehmen könnten unter Druck geraten, da die Einflussnahme auf lokale Vorgänge als begrenzt angesehen wird. Einige Unternehmen wie Nucera betonen ihr Risikomanagement und ihre Nachhaltigkeitsprüfungen, während andere wie das Architekturbüro Lava kolportierte Menschenrechtsverletzungen in ihrem Arbeitsbereich nicht erkennen wollen.
Einige Expertinnen und Experten sowie Menschenrechtsaktivisten und -aktivisten haben die deutsche Regierung und die beteiligten Unternehmen aufgefordert, eine erhöhte Verantwortung und Transparenz in Bezug auf ihre Geschäftsaktivitäten in Saudi-Arabien zu übernehmen. Sie argumentieren, dass deutsche Unternehmen, die an Projekten wie Neom beteiligt sind, dazu beitragen müssen, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern und sicherzustellen, dass ihre Geschäftspraktiken im Einklang mit internationalen Standards stehen.
Die Diskussion über die ethische Verantwortung deutscher Unternehmen in Saudi-Arabien und ihre Beteiligung am Neom-Projekt wird voraussichtlich weiterhin anhalten. Es bleibt abzuwarten, wie deutsche Unternehmen und die deutsche Regierung auf diese Kritik reagieren werden und ob sie Maßnahmen ergreifen, um die Einhaltung von Menschenrechtsstandards und ethischen Prinzipien zu gewährleisten.