Europäische Startups, die sich auf die Produktion von gezüchtetem Fleisch spezialisiert haben, befinden sich in einer kritischen Phase. Trotz anfänglicher Begeisterung und Investitionen in Milliardenhöhe stehen diese Unternehmen vor großen Herausforderungen. Die Investitionen sind von 922,2 Millionen US-Dollar im Jahr 2022 auf 225,9 Millionen US-Dollar im Jahr 2023 gesunken. Im ersten Halbjahr 2024 konnten europäische Unternehmen nur 45 Millionen Euro einwerben.
Das französische CleanTech Gourmey hat als erstes in der Europäischen Union einen Zulassungsantrag für kultiviertes Fleisch gestellt. Das Produkt, eine kultivierte Gänsestopfleber, wurde bereits 2022 vorgestellt. Der Antrag wurde nicht nur in der EU, sondern auch in Singapur, den USA, Großbritannien und der Schweiz eingereicht, was die globalen Ambitionen von Gourmey unterstreicht. Die Zulassung in der EU unterliegt strengen Prüfungen der Lebensmittelsicherheit, und es wird erwartet, dass die endgültige Entscheidung etwa 18 Monate in Anspruch nehmen wird.
Eine neue Studie von Munich Strategy hat besonders innovative Food-Startups als „New Food Stars“ identifiziert, darunter Infinite Roots aus Hamburg, das Fleischbällchen aus fermentierten Pilzen entwickeln. Ein weiteres Beispiel für Innovation in der Branche ist Happy Ocean Foods aus München. Das Startup stellt Meeresfrüchte-Ersatzprodukte auf pflanzlicher Basis wie Erbsenprotein und Soja her. Als weiteres Highlight wird das Freiburger Startup Senara genannt, das an der Herstellung von bioidentischer Milch ohne Kühe arbeitet.
Eva Sommer, Gründerin des Wiener Startups Fermify, entwickelt veganen Käse mittels Precision Fermentation, um herkömmlichen Käse in Geschmack und Textur zu ersetzen. Ihr Ziel ist es, bis 2027 vegane Käseprodukte zum gleichen Preis wie tierische herzustellen. Fermify produziert die benötigten Milchproteine ohne Kühe und bietet diese Technologie Molkereien weltweit an. Das Unternehmen hat bereits zahlreiche Patente angemeldet und plant, seine Produktionskapazitäten weiter auszubauen.
Tobias Goj, ehemaliger CEO von Oatly für Deutschland, Österreich und die Schweiz, ist zum Berliner Food-Startup Lanch gewechselt. Dort übernimmt er die Rolle des Global General Managers Retail und soll Influencer-Marken wie Happy Slice und Loco Chicken im Lebensmitteleinzelhandel etablieren. Goj bringt umfangreiche Erfahrung aus seinen früheren Positionen bei Oatly, Innocent Drinks, Danone Waters und Huel mit. Lanch versteht sich als Schnittstelle zwischen Influencern und Gastronomie, um neue Food-Brands zu entwickeln. Das Unternehmen hat zuletzt 6,5 Millionen Euro bei einer Finanzierungsrunde eingesammelt.
Das österreichische Startup Tolstoy ist zahlungsunfähig und hat beim Handelsgericht Wien Konkurs angemeldet. Details wurden nicht bekannt gegeben. Nach der Gründung im Jahr 2019 und dem kurzzeitigen Betrieb eines veganen Restaurants konzentrierte sich das Unternehmen auf die Entwicklung der Restaurant-Software spoon.tech. Die als KI-gesteuerte Restaurant-Software-as-a-Service positionierte Lösung sollte die Digitalisierung von Restaurantprozessen von der Küchensteuerung über die Warenbestellung bis hin zum Service für Mitarbeiter und Gäste durch Selbstbedienungscomputer umfassen.
Das Hamburger Startup Unmilk, bekannt für seine veganen Ernährungsprodukte, musste Insolvenz anmelden. Diese Entscheidung folgte nach der Ankündigung eines großen Handelspartners, die Produkte von Unmilk aus dem Sortiment zu nehmen, sowie der Verschiebung der Produktlistung durch einen weiteren Partner. Trotz eines anfänglichen Umsatzwachstums seit der Gründung im Jahr 2019, führten die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen und ein verändertes Konsumverhalten zu einem Umsatzrückgang von dreizehn Prozent im Jahr 2023. Unmilk, das seine Produkte unter anderem bei Rewe, Edeka, Rossmann und Müller platzierte und Katjes Greenfood als Investor gewinnen konnte, sieht sich nun mit der Einstellung seiner Haferdrink-Produktlinie und einer deutlichen Reduzierung des Teams konfrontiert. Derzeit besteht das Team nur noch aus der Geschäftsführerin Jennifer Schäfer und einer weiteren Mitarbeiterin in Elternzeit.