Unternehmen und Mitarbeiterbeteiligungen

Wirtschaftsstandort Deutschland und das Zukunftsfinanzierungsgesetz

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18/03/2024
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Insbesondere Startups mit technologischem Fokus und innovativem Ansatz sind in der ersten Phase nach der Unternehmensgründung stark darauf angewiesen, hochqualifizierte Mitarbeiter:innen zu gewinnen. Dabei konkurrieren Startups direkt mit etablierten Unternehmen. Für wettbewerbsfähige Gehälter fehlt vielen Startups jedoch häufig das Budget. Um ihre Attraktivität am Arbeitsmarkt zu erhöhen, bieten Startups ihren Schlüsselmitarbeiter:innen oft Unternehmensbeteiligungen als Teil ihres Vergütungspakets an.

Im internationalen Vergleich werden die dafür bestehenden Rahmenbedingungen in Deutschland als ungünstig kritisiert, weil echte Mitarbeiterbeteiligungen hierzulande nicht mit weitreichenden steuerlichen Vorteilen wie beispielsweise in England, den USA, Frankreich, oder auch Israel verbunden sind.

Ein Schritt des Gesetzgebers, um den Wirtschaftsstandort Deutschland attraktiver zu machen, ist die Umsetzung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes, das zum 01.01.2024 in Kraft getreten ist.

Nachfolgend zeigen wir, wie durch entsprechende Gestaltungsmaßnahmen auch in Deutschland die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Mitarbeiterbeteiligung geschaffen werden können.

Ausgangslage: Virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen

In Fragen der Mitarbeiterbeteiligung haben sich in den letzten Jahrzehnten in Deutschland sogenannte virtuelle Beteiligungsprogramme (sog. VSOP – Virtual Stock Option Program) weitgehend durchgesetzt.

Struktur eines VSOP

Bei einem VSOP werden den Mitarbeiter:innen virtuelle Geschäftsanteile zugewiesen. Erst bei einem Verkauf des Startups oder einem Börsengang (Exit) erhalten die Mitarbeiter:innen einen Bonus in einer Höhe, die rechnerisch dem Wert entspricht, den sie erhalten hätten, wenn sie echte Anteile (oder Optionen auf solche Anteile) am Unternehmen gehalten hätten.

Im Vertrag wird meist eine bestimmte Exit-Wertuntergrenze (Höhe des Kaufpreises) vereinbart, ab der das VSOP ausgelöst und ausgezahlt wird. Wird diese Wertuntergrenze beim Exit nicht erreicht, partizipiert der Mitarbeiter nicht am Verkaufserlös und das VSOP ist wertlos. Die Festlegung einer Wertuntergrenze soll die Mitarbeiter:innen motivieren, am Erfolg des Unternehmens und damit auch daran mitzuwirken, einen möglichst hohen Exit-Erlös zu erzielen. Wird die Wertuntergrenze jedoch so hoch angesetzt, dass die Mitarbeiter davon ausgehen müssen, dass ein Erlös praktisch nicht erzielbar ist, kann sich dieses Mitarbeiterbeteiligungsprogramm sogar demotivierend auswirken.

Notarielle Beurkundung nicht erforderlich

Bei VSOPs ist keine notarielle Beurkundung erforderlich, da keine direkte Übertragung von Gesellschaftsanteilen erfolgt. Es gibt also keine unmittelbare Beteiligung – der Mitarbeiter erhält die Zahlung erst, wenn der Exit tatsächlich erfolgt und der oben genannte Schwellenwert erreicht ist.

Steuerliche Behandlung von VSOPs

Steuerlich werden die Erträge, die die Mitarbeiter:innen aus dem VSOP beim Exit erhalten, als Arbeitseinkommen bewertet. Diese Erträge unterliegen der regulären Einkommensteuer. Die Ausschüttungen werden somit mit bis zu 45 % zzgl. Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer besteuert. Vorteilhaft ist dabei jedoch, dass die Steuerpflicht erst im Zeitpunkt des Exits ausgelöst wird und damit die Steuer erst dann abgeführt werden muss, wenn die notwendige Liquidität vorhanden ist.

Arbeitsrechtliche Besonderheiten

Da es sich bei den Erträgen der Mitarbeiter:innen aus VSOPs technisch gesehen um Arbeitsentgelt handelt, müssen bei der Einführung eines solchen Programms auch arbeitsrechtliche Besonderheiten berücksichtigt werden. Um sich nicht angreifbar zu machen, muss das Unternehmen unter anderem darauf achten, dass Teilzeitarbeit, Elternzeit oder Mutterschutz nicht zu einer Schlechterstellung der jeweiligen Mitarbeiter:innen führen und auch sonst jegliche Diskriminierung bei der Zuteilung virtueller Anteile vermieden wird.

Vor- und Nachteile der echten Mitarbeiterbeteiligung

Daneben besteht als eine weitere Form der Mitarbeiterbeteiligung auch die Möglichkeit der Implementierung „echter“ Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, bei denen den Mitarbeiter:innen echte Geschäftsanteile oder Optionen auf den Erwerb echter Geschäftsanteile unentgeltlich oder zu einem reduzierten Kaufpreis angeboten werden (sog. ESOP – Employee Stock Ownership Program).

Besteuerung echter Mitarbeiterbeteiligungen und die „dry-income“-Problematik

Dass sich echte Mitarbeiterbeteiligungsprogramme in Deutschland anders als in anderen Ländern bislang nicht umfassend durchgesetzt haben, ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass bei einem unentgeltlichen oder vergünstigten Erwerb von echten Geschäftsanteilen durch die Mitarbeiter:innen bei diesen hinsichtlich der Differenz zwischen dem gezahlten Kaufpreis und dem Verkehrswert der Anteile ein geldwerter Vorteil entsteht, der als Arbeitseinkommen der regulären Einkommensbesteuerung unterliegt.

Diese Einkommensteuer entsteht grundsätzlich bereits im Zeitpunkt der Anteilsübertragung. Dies führt dazu, dass Mitarbeiter:innen hinsichtlich der von ihnen erworbenen Geschäftsanteile Steuern abführen müssen, obwohl ihnen zu diesem Zeitpunkt noch keinerlei Liquidität zugeflossen ist (sog. „dry-income“-Problematik). Da den Mitarbeiter:innen regelmäßig nicht die notwendigen liquiden Mittel zur Verfügung stehen, um die anfallenden Steuern zu bedienen, müssen diese gegebenenfalls ein Darlehen aufnehmen. Dies ließ die echte Mitarbeiterbeteiligung in vielen Fällen unattraktiv erscheinen.

Auf der anderen Seite hat ein solches Modell den Vorteil, dass im Fall eines Verkaufs der erworbenen Anteile durch die Mitarbeiter:innen der Veräußerungserlös nicht der Einkommensteuer unterliegt, sondern als Kapitalertrag einem begünstigten Steuerregime unterfällt (grds. Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer).

Reform zur Abmilderung der „dry-income“-Problematik bei ESOPs

Mit Wirkung zum 01.01.2024 hat der Gesetzgeber das Zukunftsfinanzierungsgesetz beschlossen, das unter anderem Regelungen enthält, die darauf abzielen, die „dry-income“-Problematik zu entschärfen.

Durch die Neuregelung in § 19a EStG kann die Entstehung eines „dry-income“ in vielen Fällen vermieden werden.

Die bereits 2021 im Rahmen des Fondsstandortgesetzes eingeführte Regelung des § 19a EStG hatte sich als unpraktikabel erwiesen, insbesondere weil eine Besteuerung immer dann erfolgte, wenn Mitarbeiter:innen das Unternehmen verließen. Außerdem war der Anwendungsbereich sehr eng gefasst, sodass die Erleichterungen nur für eine kleine Zahl von Unternehmen genutzt werden konnten.

Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz wurde der Anwendungsbereich zunächst deutlich ausgeweitet. § 19a EStG findet auf Unternehmen mit bis zu 1.000 Beschäftigten, einem Jahresumsatz von bis zu 100 Mio. EUR und einer Jahresbilanzsumme von bis zu 86 Mio. EUR Anwendung. Die Gründung des Unternehmens darf bis zu 20 Jahre zurückliegen.

Die Besteuerung bei Erwerb von Geschäftsanteilen am Unternehmen findet nunmehr nicht bei Erwerb der Anteile statt, sondern verschiebt sich grundsätzlich um bis zu 15 Jahre.

Eine Besteuerung – zu dem Wert der Anteile bei der ursprünglichen Anteilsübertragung – erfolgt erst, wenn

  1. die Vermögensbeteiligung ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich von den Mitarbeiter:innen übertragen wird,
  2. seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung 15 Jahre vergangen sind oder
  3. das Dienstverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber beendet wird.

Darüber hinaus wurde neu geregelt, dass auch bei Ablauf der vorgenannten 15-Jahres-Frist oder bei Ausscheiden der betreffenden Mitarbeiter:innen aus dem Unternehmen eine Besteuerung zunächst unterbleiben kann, wenn der Arbeitgeber spätestens in der auf das jeweilige Ereignis (Ablauf von 15 Jahren seit der Zuwendung oder dem Ausscheiden aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis) folgenden Lohnsteuer-Anmeldung unwiderruflich erklärt, für die Lohnsteuer aus der Übertragung der zugewandten Gesellschaftsanteile zu haften (§ 19a Abs. 4a EStG nF).

Auf diese Weise wird für eine Vielzahl von Fällen die „Dry-income“-Problematik gelöst und die Attraktivität von ESOPs deutlich erhöht. Voraussetzung ist allerdings, dass sich auch der Arbeitgeber bereit erklärt, die hier drohenden Verpflichtungen wirtschaftlich zu tragen und ggf. zu passivieren.

Gefahr der Zersplitterung des Gesellschafterbestands

Gegen die Einführung von ESOPs wurde regelmäßig angeführt, dass ein solches Programm dazu führe, dass der Gesellschafterbestand „zersplittere“ und dass das Unternehmen durch viele Kleingesellschafter:innen für Investoren weniger attraktiv erscheine. Diese Problematik lässt sich allerdings durch eine entsprechende Gestaltung unter Verwendung einer Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft ausräumen.

Bei einem solchen sogenannten Pooling halten die Mitarbeiter:innen ihre Beteiligung am Unternehmen nur mittelbar, regelmäßig über eine Kommanditgesellschaft. Alternativ sind in der Praxis auch Direktbeteiligungen anzutreffen, wobei die entsprechenden Anteile kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung vermitteln. Die weitreichenden direkten Auskunfts- und Einsichtsrechte können durch die Ausgestaltung als stimmrechtslose Geschäftsanteile jedoch nicht vermieden werden.

Der Gesetzgeber hat die Sinnhaftigkeit eines solchen Poolings erkannt und in § 19a Abs. 1 S. 2 EStG vorgesehen, dass die Besteuerungserleichterungen auch dann eingreifen, wenn die Mitarbeiter:innen ihre Beteiligung über eine Personengesellschaft halten. Was der Gesetzgeber bedauerlicherweise trotz einer Vielzahl an entsprechenden Anregungen aus der Praxis nicht umgesetzt hat, ist eine Regelung, die es Mitarbeitern erlauben würde, ihre Beteiligung, wie im Startup-Bereich üblich, über eine Holdinggesellschaft – vielfach in Form der GmbH - zu halten.

Notarielle Beurkundung regelmäßig nur bei Errichtung

Mit dem Pooling in einer Personengesellschaft wird zudem auch die Übertragung von Anteilen auf die Mitarbeiter:innen vereinfacht, weil die jeweilige Übertragung von Anteilen an die Personengesellschaft grundsätzlich formfrei möglich ist.

Die Errichtung des ESOP setzt regelmäßig eine notarielle Beurkundung voraus. Auch wenn dieses Formerfordernis für verschiedene Einzelfälle gerade bei der Gewährung von Optionen umstritten ist, ist in den meisten Fällen zur rechtlichen Absicherung dazu zu raten, die Errichtung des Programms notariell zu beurkunden. Wenn kein Pooling in einer Personengesellschaft erfolgt, dann sind auch spätere Übertragungen im Rahmen des ESOP auf neu hinzukommende Mitarbeiter wiederum beurkundungspflichtig.

Fazit und Ausblick

Ob das Zukunftsfinanzierungsgesetz dafür sorgen wird, dass ESOPs den VSOPs in Deutschland den Rang ablaufen, bleibt abzuwarten. Es ist in jedem Fall zu begrüßen, dass der Gesetzgeber eine handhabbare Lösung für die “dry-income”-Problematik zur Verfügung gestellt hat.

Auf der anderen Seite hat es der Gesetzgeber versäumt, wirklich grundlegende und umfassende Vereinfachungen umzusetzen. So war im Regierungsentwurf unter anderem noch vorgesehen, dass die zu übertragenden Anteile nicht nur vom Arbeitgeber selbst, sondern auch von mit ihm verbundenen Unternehmen gewährt werden können (sog. Konzernklausel). Eine solche Regelung hätte den Anwendungsbereich deutlich erweitert, wurde aber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wieder gestrichen. Ebenso war im Referentenentwurf noch eine Pauschalbesteuerung in Höhe von 25 % vorgesehen, die im Ergebnis leider nicht umgesetzt wurde.

Festzuhalten ist, dass die nun umgesetzten Lösungen einen Zwischenschritt im globalen Wettbewerb um Talente und einen Fortschritt für die Attraktivität des Standorts Deutschland für Start-ups und Wachstumsunternehmen darstellen.

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