Der Markt der Tech-Giganten ist in Bewegung. Jeder kennt die GAFA-Gang (Google, Amazon, Facebook, Apple). Einige zählen auch IBM und Microsoft zu diesem Kreis. Für andere hat Uber das Potenzial, in den Kreis aufzuschließen. Zu den heiß gehandelten Zukunftswetten gehört auch das Kommunikationstool Slack. Entstanden im Jahr 2009, zunächst als interne Chat-Konsole der Entwickler des Computerspiels Glitch, hat Slack die Techwelt im Sturm erobert, gehört zu den am schnellsten wachsenden Apps aller Zeiten und schickt sich an, die liebgewonnene E-Mail in Rente zu schicken.
„Wir wollen das Tool sein, das ein Mitarbeiter am Morgen als erstes öffnet.“
„Wir wollen das Tool sein, das ein Mitarbeiter am Morgen als erstes öffnet. In vielen Unternehmen sind wir das bereits“, gab Mitgründer Cal Henderson im Interview mit Berlin Valley (Seite 36) das Selbstverständnis des Tools zu Protokoll. Slack auf die Kommunikationsfunktionalität zu reduzieren, wäre falsch und würde den Erfolg des Unternehmens auch nicht hinreichend erklären. Denn neben seiner Funktion als Business-Messenger ist Slack vor allem eine Schnittstellen-Plattform. Ein Ort, an dem zahlreiche externe Tools über APIs angedockt werden können.
Egal ob Google Drive, Dropbox, Trello, Github oder Zendesk – sie alle können kinderleicht in Slack integriert werden. In einer an Apps und Plattformen überfluteten Welt hat Slack damit den Nerv der Nutzer getroffen, denn dank dieser Integrationen muss der Nutzer nicht mehr von Software zu Software springen, um nach Nachrichten, Tasks oder Updates zu schauen. Bei Slack läuft alles zusammen.
Das Investoren-Who-is-who
Oft erkennt man in der Launchphase bereits, ob ein Unternehmen erfolgreich wird. Der Launch von Slack übertraf alle Erwartungen. Nach 24 Stunden wies Slack 8.000 registrierte Nutzer auf. Ein Jahr später verzeichneten es bereits 520.000 aktive Nutzer. Heute hat das Unternehmen weltweit sechs Millionen aktive Nutzer und wächst weiterhin mit mehr als 100 Prozent pro Jahr. Deutschland ist dabei der EU-weit zweitgrößte Markt für Slack und der fünftgrößte weltweit. Vor kurzem gab das Unternehmen bekannt, dass der Jahresumsatz erstmals die 200-Millionen-Dollar-Marke übersprungen habe. Beeindruckend ist auch die Riege der Investoren: mit Kleiner Perkins, Andreessen Horowitz, Spark Capital, Index Ventures, Accel, Comcast und vielen anderen eine Art Who-is-who der Investorenszene. In der letzten Finanzierungsrunde (Series G, 250 Millionen US-Dollar) im September 2017 reihten sich auch die Softbank und Global Founders Capital der Samwer-Brüder in die Investorenliste ein.
Insgesamt hat Slack in zehn Runden knapp 800 Millionen US-Dollar an Risikokapital aufgenommen und ist nach dieser Finanzierungsrunde mit 5,1 Milliarden Dollar bewertet. Das Unternehmen besorgte sich frisches Kapital, obwohl man das Geld aus den vergangenen beiden Finanzierungsrunden noch nicht einmal angefasst habe, erklärte Slack-Gründer Stewart Butterfield im Interview mit der Financial Times. Man wollte vielmehr die japanische Softbank als strategischen Investor mit an Bord holen. Softbank ist unter anderem in Wework und Uber investiert.
Unruhe macht sich breit
Natürlich hat der rasante Erfolg des Tools Slack die großen Techunternehmen alarmiert. Betrachtet man die Märkte, die Slack ins Visier nehmen könnte, dürfte insbesondere bei Microsoft eine gewisse Panik ausbrechen. Der Softwarekonzern aus Redmond galt Jahrzehntelang als Inbegriff der digitalen Büroausstattung. In Zeiten vor dem Aufstieg von Apple und Google besaßen sie mit Windows und Office sogar de facto Monopole im jeweiligen Segment. Im letzten Geschäftsjahr hat Microsoft rund 90 Milliarden US-Dollar umgesetzt, wovon der Löwenanteil weiterhin aus dem B2B-Geschäft stammt. Durch Zukäufe wie Skype, Yammer oder zuletzt Linkedin versucht Microsoft, diese Position zu festigen. Insbesondere Skype und Yammer sehen sich nun der direkten Konkurrenz von Slack ausgesetzt. Doch Yammer konnte sich trotz kompetitiver Vorteile noch nicht richtig durchsetzen.
„Microsoft muss man definitiv respektieren“
Das eigentliche Ziel von Slack dürfte aber eher ein anderes Produkt von Microsoft sein: Outlook – damit nähme das Tool das Herz des Softwaregiganten ins Visier. Diese Gefahr scheint man auch bei Microsoft ähnlich zu sehen. Medienberichten zufolge wollte Microsoft-Vorstandsmitglied Qi Lu Slack Anfang 2016 für acht Milliarden Dollar übernehmen, wurde aber von Microsoft CEO Satya Nadella und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Bill Gates gestoppt. Stattdessen hat man 2016 die Gruppenchat-Software Teams auf den Markt gebracht, wodurch ein direkter Slack-Konkurrent geschaffen wurde. „Microsoft muss man definitiv respektieren“, hatte Slack-Gründer Stewart Butterfield auf der DLD 2017 in Berlin verlautbaren lassen. Gegenüber der Financial Times allerdings zeigte sich der visionäre Unternehmer aber unbeeindruckt von seinen großen Wettbewerbern: Man habe mindestens ein Jahr, bevor Microsoft wirklich konkurrenzfähig sei. Aber natürlich wisse er, dass der Softwarekonzern über ausreichende Mittel verfüge, um den Slack-Konkurrenten Teams noch stärker voranzutreiben.
Wenn man sich in der Startup-Welt umschaut, so ist Slack inzwischen zum Inbegriff eines dynamischen Mindsets geworden. Mehr noch: Es scheint eine Art Statement zu sein. Ein unumgängliches Betriebssystem für schnelle, agile Digitalunternehmen. Alleine in Berlin verzeichnet das Unternehmen 86.000 aktive Nutzer täglich. So zum Beispiel beim Berliner Food-Startup Hellofresh, wo man Slack nicht nur für die interne Kommunikation nutzt, sondern das Team auch über die Erwähnungen in Sozialen Medien benachrichtigt. „Unsere Leute waren sehr schnell von Slack überzeugt, denn die App ist einfach produktiver und man kann sofort mit einem Team über viele Kilometer oder sogar Ozeane hinweg effizient interagieren und kommunizieren“, erklärt der Hellofresh-CTO Nuno Simaria auf der Website von Slack.
„Sell the innovation, not the product“
Harte Arbeit und ein einzigartiges Design
Doch was ist das Erfolgsrezept von Slack? Was sind die Gründe für die rasante Marktdurchdringung? Stewart Butterfield sieht dafür mehrere Gründe als ausschlaggebend: „Vor allem waren harte Arbeit, unglaublich gutes Timing, perfekte Marktbedingungen und ein unverwechselbares Produktdesign für den Erfolg verantwortlich.“ Aber tatsächlich könnte sich auch die größte Herausforderung der Gründer zum größten Vorteil entwickelt haben. Denn den Gründern war früh klar, dass Slack nicht ins typische Schema passt, mit dem Startups so gerne pitchen. Slack war kein Ebay für X oder Uber für Y. Es war auch nicht einfach ein Disruptor für E-Mails. Die Plattform war neu und einzigartig. Und genau deshalb war es stark erklärungsbedürftig. Und auch der Markt für Slack existierte noch nicht. „Sell the innovation, not the product“ hat Stewart Butterfield noch zwei Wochen vor dem offiziellen Launch in einem internen Memo an sein Entwicklerteam verkündet. Diese Strategie ging auf.
Neben dem richtigen Marketing sind aber weitere Faktoren ursächlich für den Erfolg. Da wäre zum einen der Gründer Stewart Butterfield (44), ein Ausnahmetalent mit Vision, Erfahrung und
Durchhaltevermögen. Er hat einen Master in Philosophie der Universität Campbridge und in seiner Karriere bereits zahlreiche Projekte gestartet, viele davon waren wenig erfolgreich – bis er die Foto-Community Flickr gründete, die er 2005 für mehr als 20 Millionen US-Dollar an Yahoo verkaufte. Ein Jahr später wurde er vom Time Magazine bereits zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt gezählt. Neben dem Unternehmer Butterfield dürfte ein wesentlicher Grund für den Erfolg seiner Kollaborationsplattform darin liegen, dass die Gründer ihr Unternehmen aus einem persönlichen Bedarf heraus aufgebaut haben. Der Ursprung der Erfolgsgeschichte Slack geht nämlich auf das von Butterfield gegründete Unternehmen Tiny Speck zurück, das ein Online-Spiel namens Glitch entwickelte. Die Entwickler stießen auf die Problematik, dass kein Kommunikationstool den Anforderungen an Teamarbeit gerecht wurde. Es gab zwar viele vereinzelte SpezialTools, aber keine Plattform, die alle relevanten Dienste und Features vereinte und die Zusammenarbeit vereinfachte. Also entschied man sich, eine eigene Lösung – die zunächst nur zur internen Nutzung gedacht war – weiterzuentwickeln. Schnell reifte die Erkenntnis, dass mit dem intern genutzten Tool ein Produkt entstanden war, das auch andere nutzen würden. Das markiert für Butterfield den Anfang der Erfolgsgeschichte.
„Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird jeder in der Welt Slack oder ein ähnliches Tool nutzen.“
Durch diesen Umstand entwickelte das Team von Anfang an ein sehr konkretes Produktverständnis. „Andere Startups müssen oft auf das Feedback und die Beschwerden ihrer Kunden warten, um die Stärken und Schwächen ihrer Software zu verstehen. Wir hingegen waren von Tag eins an unsere aktivsten Nutzer“, erklärt Cal Henderson. Aber auch Fokus und eine gewisse Gelassenheit sind wichtig: „Üblicherweise gibt es eine Handvoll Dinge, die erfolgreiche Produkte außerordentlich gut machen, dann ist es okay, wenn alles andere nicht so gut ist“, resümiert Butterfield. „Aber das Wichtigste ist – und hier sehen wir die Schwelle zum Erfolg –, dass du die Erwartungen übertriffst und Einsatz zeigst, damit die Menschen dich weiterempfehlen.“
Es ist schwer zu prognostizieren, wohin sich der Markt der Kollaborationstools entwickelt. Butterfield gibt sich überzeugt: „Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird jeder in der Welt Slack oder ein ähnliches Tool nutzen.“ Schaut man sich die Kundenliste an, könnte seine Vorhersage zutreffen. Zu den Referenzkunden des Startups gehören Größen wie IBM, Oracle oder die Harvard University. Die Unternehmenswebseite von Slack ist reich an Case Studies, in denen begeisterte Nutzer berichten, wie sehr sie das Tool lieben und wie viel einfacher die Arbeitsprozesse durch die Implementierung geworden sind. Es scheint, Slack hat vieles richtig gemacht. Die Vorzeichen stehen also bestens, dass Slack sich dauerhaft etabliert, weiter wächst und in nicht allzu ferner Zukunft zu den großen Tech-Giganten im Silicon Valley aufschließt. Falls nicht vorher jemand mit einem Angebot um die Ecke kommt, zu dem weder Butterfield noch seine Investoren Nein sagen können. Man munkelt, Jeff Bezos habe bereits Interesse signalisiert.
[td_block_text_with_title custom_title=”SLACK”]NAME: Slack
GRÜNDUNG: 2009
GRÜNDER: Cal Henderson, Eric Costello, Serguei Mourachov, Stewart Butterfield
MITARBEITER: 501 – 1000
STANDORT: San Francisco
SERVICE: Slack ist eine Unternehmenssoftwareplattform, die es Teams und Unternehmen jeder Größe ermöglicht, effektiv zu kommunizieren.
URL: slack.com