Europas Startup-Gehälter im Vergleich
Gehaltsreport 2024: Europas Tech-Startups im Wandel
Die Tech-Branche hat in den letzten Jahren eine Achterbahnfahrt erlebt: Von der Hyper-Wachstumsphase über Massenentlassungen bis hin zu einem eher vorsichtigen Neustart. Der aktuelle Gehaltsreport der Vergleichsplattform Ravio beleuchtet, wie sich die Vergütungsstrukturen und Einstellungspraktiken in europäischen Startups entwickelt haben und was dies für die Branche bedeutet. Auf Basis von über 300.000 Datenpunkten aus mehr als 1.000 Unternehmen liefert die Studie Einblicke in die Gehaltstrends, Einstellungsquoten und Zukunftsaussichten der europäischen Tech-Szene.
Einstellungsrückgang und konzentrierte Investitionen
Ein zentrales Ergebnis des Berichts ist der deutliche Rückgang der Einstellungsraten: Im Vergleich zum Vorjahr haben europäische Tech-Startups ihre Einstellungsquoten um 15 Prozent gesenkt. Besonders betroffen sind Unternehmen in der Wachstums- und Spätphase, die zunehmend vorsichtiger bei Neueinstellungen werden. Demgegenüber zeigen Frühphasen-Startups in Pre-Seed- und Seed-Phasen eine stabilere Investitionsbereitschaft in Personal. Ein Grund dafür ist das relativ starke VC-Funding in den letzten Jahren, das diese kleinen Unternehmen flexibler und weniger von Umsätzen abhängig macht als ihre größeren Pendants.
Interessanterweise zeigen die Zahlen, dass besonders der Bereich „Commercial“ weiterhin stark in Personal investiert, während im Tech-Sektor weniger neue Mitarbeiter eingestellt wurden. Eine mögliche Erklärung ist, dass viele Tech-Teams während des Boom-Jahres 2021 bereits schnell und häufig ihren Job wechselten, um von den hohen Gehältern der Hyper-Growth-Firmen zu profitieren. Heute scheinen viele in ihren Positionen stabiler und zufriedener zu sein. Dennoch geben 40 Prozent der befragten Startup-Manager an, dass sie in den kommenden 12 Monaten verstärkt in ihre Tech-Abteilungen investieren wollen.
Stagnierende Gehaltserhöhungen und regionale Unterschiede
Während die Einstellungsraten sinken, sind Gehaltserhöhungen nach wie vor ein Thema, wenn auch mit weniger Dynamik als in den Jahren zuvor. Im Jahr 2023/24 fielen die durchschnittlichen Gehaltserhöhungen in europäischen Startups mit 5 Prozent geringer aus als im Vorjahr (5,8 Prozent). Besonders im Finance-Bereich gab es die höchsten Erhöhungen, während Tech-Abteilungen mit durchschnittlich 5 Prozent etwas zurückblieben. Im Pre-Seed- und Seed-Bereich stiegen die Gehälter leicht stärker, was die Flexibilität der Frühphasen-Startups widerspiegelt.
Ein Blick auf die Ländervergleiche zeigt, dass das Vereinigte Königreich in vielen Bereichen die Gehaltsspitze anführt: Software-Ingenieure und Produktmanager verdienen dort im europäischen Vergleich am meisten. In Deutschland sind die Gehälter ebenfalls gestiegen, jedoch nicht in dem Maße wie im UK. Besonders bei den Produktmanagern und in den Bereichen Sales und Engineering zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Ländern, die oft von den jeweiligen Marktbedingungen und dem Entwicklungsstand der Startups abhängen.
Die Zukunft der Tech-Branche: Vorsicht und Optimismus
Trotz des verhaltenen Wachstums und der Zurückhaltung bei Neueinstellungen bleibt die Stimmung insgesamt optimistisch. Laut der Ravio-Studie planen 65 Prozent der befragten Unternehmen, ihre Personalbestände in den kommenden 12 Monaten zu erweitern. Besonders für VC-finanzierte Frühphasen-Unternehmen gibt es Lichtblicke: Die Finanzierungen sind im Jahresvergleich um 17 Prozent gestiegen, was diesen Firmen mehr Spielraum für Investitionen bietet.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse des Berichts, dass die europäische Tech-Branche trotz der Unsicherheiten der letzten Jahre auf einem stabilen Kurs ist. Die Unternehmen agieren vorsichtiger und konzentrieren sich stärker auf nachhaltiges Wachstum, während sich die Gehälter und Einstellungspraktiken an die veränderten Marktbedingungen anpassen. Ob dies eine langfristige Trendumkehr bedeutet oder nur eine Anpassung an die aktuelle Lage, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass die Tech-Branche weiterhin eine Schlüsselrolle für die europäische Wirtschaft spielt – und sich die Mitarbeiter hier auch in Zukunft auf eine anpassungsfähige und wettbewerbsfähige Vergütung einstellen können.