„Sonst hätte man auch Beamter werden können“
Axel Hesse über sein Leben nach Gutscheinpony:
Axel Hesse: Wir haben mit Cluelist eine App kreiert, mit der man sich kostenlos von Clubs und Diskotheken auf Gästelisten setzen lassen konnte. Viele Clubbetreiber wollten jedoch bewusst keine Transparenz in ihren Prozessen und Besucherzahlen und haben sich bewusst gegen uns entschieden. In anderen Ländern ist die Gastronomieszene transparenter, perfektionierter und zahlt entsprechende Steuern.
… über seine Video-App Vyda:
Axel Hesse: Nachdem klar war, dass Cluelist nicht abhebt, haben wir eine weitere App gemacht, mit der Du sehen kannst, was in Deiner Umgebung passiert. Ähnlich wie Facebook-Events, nur mit Livestreaming, denn natürlich wäre es geiler zu wissen, was im Club los ist, bevor man hingeht. Wir haben kurz nach Meerkat und Periscope gelauncht und waren die Nummer drei am Markt, bis ein Investment geplatzt ist. Trotzdem haben wir inzwischen 750.000 Downloads und geben weiter Gas.
Mir kommt es so vor, als wäre die Startup-Industrie das neue Hartz IV
… über seinen Pivot.
Axel Hesse: Jedes Projekt hat ein Zeitfenster. Durch das ausgebliebene Investment haben wir Chancen verpasst. Daher fokussieren wir uns mit unserer One-Click-Video-Technologie auf den B2B-Bereich. Hier sehen wir großen Bedarf, etwa bei Versicherungsunternehmen, Healthcare oder Reinigungsfirmen, wo ja großer Personalaufwand herrscht. Ein typisches Versicherungsunternehmen hat in der Schadensregulierung etwa 1.000 Mitarbeiter, die pro Tag je 5-6 Fälle bearbeiten können. Mit unserer Software können die Endkunden ihren eigenen Schaden dokumentieren, was Fahrtzeiten minimiert. Der B2B-Bereich ist viel angenehmer, weil Du nicht gleich 100 Millionen Euro für die Vermarktung ausgeben musst. Und wir sind ja gebootstrapped und freuen uns über zahlenden Kunden. Unser Ziel: schnellstmöglich cashflow-positiv werden.
… über Startups
Axel Hesse: Manchmal kommt es mir vor, als wäre die Startup-Industrie das neue Hartz IV. Mich stört vor allem, dass man oft das Geld anderer Leute ausgibt. Viele wollen eher im Soho-House chillen, als produktiv zu sein. Vieles ist auch nur Erhitzung für die nächste Investment-Ebene. Meines Erachtens sollte das Grundziel sein, so schnell wie möglich profitabel zu werden.
… über Digitalisierung in Deutschland
Axel Hesse: Wenn man sich vor Augen führt, wie oft hierzulande schon schnelles Internet gefordert wurde, dann sieht man Deutschland inzwischen eher als Dritte Welt-Land. Selbst Marokko hat schnelleres Internet als wir.
… über Druck
Axel Hesse: Druck kommt durch Unsicherheit. Deine Konstante ist ja das Unstete. Damit musst Du klarkommen. Und Deine geistige Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind das wichtigste. Das zeichnet den Unternehmer aus. Sonst hätte man auch Beamter werden können. Aber da bist Du ja bei Deinem Einstellungstermin schon totes Fleisch.
… über Kiew Day and Night.
Axel Hesse: Das ist eine Telenovela basierend auf einer Lizenz von „Berlin Tag und Nacht“. Ich bin da zufällig reingerutscht, weil ich mit einem der Hauptdarsteller Kaffeetrinken war. Ich wurde ins Studio eingeladen – und habe dann trotz fehlendem schauspielerischem Talent einige Folgen mitgespielt. Dabei kam mir zugute, dass ich mich selbst gespielt habe, also einen deutschen Ausländer in der Ukraine. Jetzt drehe ich meine eigene Comedyserie.