Expertenrunde zu Trends und Buzzwords:

„Wir lösen die Probleme selbst”

07/12/2016
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„Was sind die wirklich wichtigen Themen?“ – Mit dieser Frage startet Moderator Christoph Räthke in das Panel „Basics, Trends & Buzzwords“, das am 7. Dezember 2016 im Rahmen des NKF Summits in Berlin stattfand. Räthke ist Director of Education beim German Tech Entrepreneurship Center (GTEC), von Forbes als „Germany’s One Stop Collaboration Shop For European Startups“ bezeichnet.

Ihm zur Seite sitzen zwei Kenner der Szene: Sascha Schubert ist Mitgründer und stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Startups e. V. und damit Stimme und Repräsentant der Startups in Deutschland. Neben ihm auf dem Panel sitzt Stephan Dörner, Chefredakteur von t3n.de, seit zehn Jahren Tech-Journalist. „Immer Tech-Themen, mal mehr, mal weniger Startups“, charakterisiert er seine Arbeit.

Buzzword #Trump

Die Präsidentschaftswahl in den USA liegt zwar schon knapp einen Monat zurück, doch ist die Wahl auch auf dem Panel ein zentrales Thema. Der Grund: Die deutsche wie die weltweite Startup-Szene orientiert sich sehr stark an den USA. „Und der Bundesverband macht jedes Jahr eine Butterfahrt ins Silicon Valley“, weiß Christoph Räthke.

Wie wird sich also die Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA mit Donald Trump als Präsident verändern? Sascha Schubert kann noch keine definitive Aussage treffen. Im Silicon Valley gebe es ein ebenso großes Kopfschütteln wie bei uns, und man verstehe auch Peter Thiel nicht richtig. Der weltweit bekannte Investor und Paypal-Mitgründer hatte Trump im Wahlkampf unterstützt. „Die USA werden für Gründer aus dem Ausland unattraktiver“, ist sich Schubert allerdings sicher.

Buzzword #Xenophobie

Stephan Dörner sieht die Probleme ähnlich, vor allem die Gefahr einer wachsenden Fremdenfeindlichkeit. Schon bisher sei es schwierig gewesen, Leute aus dem Ausland reinzuholen, für Asiaten war es kaum möglich, eine Green Card zu bekommen. „Das wird sich mit Trump verschärfen, aber das Ökosystem wird es nicht zerstören“, sagt der Journalist und fügt hinzu: „Ich glaube aber auch nicht, dass Deutschland dadurch im Technologiebereich führend wird.“

Buzzword #DigitaleSpaltung

„Es gibt auf jeden Fall eine digitale Spaltung“, stellt Dörner fest. Dass die digital Nicht-Abgehängten Brücken bauen, hält er für wichtig. Umgekehrt müssten aber auch Menschen, die sich abgehängt fühlen, ihren Beitrag leisten und versuchen, die aktuellen Entwicklungen und Möglichkeiten zu verstehen.

„Es gibt auf jeden Fall eine digitale Spaltung“

Schubert wirft ein, dass Technologien immer von unten nach oben wachsen, von jung zu alt. „Das Telefon wurde auch nicht von der Oma als erstes benutzt, sondern von den jungen Leuten, und dann der Oma erklärt. Beim Auto war es genauso.“ Eine Lösung, ob und wie man das ändern kann, hat er nicht, sagt aber: „Ich bin optimistisch.“

Dörner ist etwas vorsichtiger: „Umbruchphasen waren immer Phasen der Unruhe und Verwerfungen.“ Zwar gebe es jetzt viel mehr Wohlstand und es werde auch nicht zur Revolution kommen, aber die Umbruchphase „könnte durchaus ungemütlich werden“, gibt er zu bedenken. Der Journalist sieht aber auch Chancen: „Stichwort künstliche Intelligenz: Wir müssen als Gesellschaft überlegen, wie wir Arbeit organisieren wollen. Wir können einen Diskurs anstoßen: Wie gehen wir mit der Technologisierung um?“

Buzzwords #Zoo und #CorporatesMeetStartups

Und was können Corporates von Startups lernen? Wie gelingt die Zusammenarbeit, und wie ist der Status Quo? „Ein Startup in Berlin zu sein, war in den letzten Jahren immer etwas wie im Zoo: Man sitzt hinter dem Zaun, Leute kommen vorbei und schauen einen an“, greift Räthke das Bild von der Startup-Safary auf. „Gut ist erst mal, dass sich der Zoo gerade etwas umkehrt“, wirft Schubert ein. „Die Zäune sind nun eher zur Reglementierung gedacht.“

Dörner konstatiert einen Trial-and-error-Modus bei vielen Unternehmen. „Der Mittelstand macht fast gar nichts.“ Er höre immer wieder den Einwand, „wir wollen Startups, die zu unserem Geschäftsmodell passen“, fragt sich aber, ob es da überhaupt so viel für alle Branchen gibt. „Man muss auch größer denken.“ Dörner sieht allerdings auch die Gefahr, dass Dinge aus bloßem Aktionismus getan werden wie in der Dotcom-Phase, die dann nach kurzer Zeit wieder eingestellt werden. „Experimentierojekte fallen da als erstes wieder weg.“

„Ein Startup in Berlin zu sein war in den letzten Jahren immer etwas wie im Zoo“

Buzzword #FamilyOffices

„Lasst uns über Geld sprechen!“, leitet Räthke zum nächsten Buzzword über. Da es in Deutschland keine großen VCs gibt, ist die Hoffnung, dass sich die Schatullen der Family Offices und Mittelständler für die Startups öffnen. „Mein Gefühl ist, da passiert etwas, aber die Frage ist, ob das reicht.“

„So eine Konferenz wie die heutige gab es in den letzten Jahren nicht“

Schubert teilt diese Einschätzung: „So eine Konferenz wie die heutige gab es in den letzten Jahren nicht.“ In der Zusammenarbeit zwischen Startups und Corporates sieht er zwei Stoßrichtungen seitens der Startups: Die einen wollen Zulieferer der Corporates werden, und die anderen sehen, dass Unternehmen XY etwas falsch macht und wollen es selbst besser machen.

Und die Unternehmen? „Disruption wird nicht aus den Corporates kommen“, sagt Schubert. Eine Warnung gibt er auch noch in die Runde: „Wir müssen darauf achten, dass die großen Elefanten nicht die kleinen Mäuse zertrampeln.“

Dörner betont die Bedeutung der Family Offices, denn es gebe einige schwerreiche Familien in Deutschland. Schade sei allerdings, dass sich sehr viele auf die Seed-Phase fokussieren und wenige in die mittlere Finanzierungsphase (ein bis zehn Millionen Euro) einsteigen, wo die Wachstumsfinanzierung wichtig ist. „Die nächste Finanzierungsrunde ist immer die schwerste”, gibt Schubert zu bedenken.

„Wir müssen darauf achten, dass die großen Elefanten nicht die kleinen Mäuse zertrampeln“

Buzzword #WirLösenDieProblemeSelbst

Räthkes letzte Frage in die Runde ist der Ausblick ins nächste Jahr: Nachdem 2016 mit Brexit und der Wahl von Trump zum US-Präsidenten ein „krasses Katastrophenjahr“ war –auf was freuen sich die Gesprächspartner?

„Lösungen außerhalb der Politik waren noch nie so einfach wie heute. Es gibt mehr Flüchtlinge, die mit Babbel als in regulären Kursen Deutsch lernen“, fasst Schubert zusammen und endet optimistisch: „Wir lösen die Probleme selbst.“ Dörner will seinen Fokus darauf legen, was die deutsche Wirtschaft zum Thema Digitalisierung macht. „Ich hoffe, darüber habe ich noch mehr zu berichten.“

SASCHA SCHUBERT

ist Mitgründer und stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes Deutsche Startups e. V. und verantwortlich für die Organisation verschiedener Events wie Exit Con, Growth Company Forum, Startup Camp Berlin, Pitch & Sail, German Silicon Valley Week, German NYC Week, die IFA Startup Days und die CeBIT SCALE11.

STEPHAN DÖRNER

ist Chefredakteur beim t3n Magazin. Das Online-Magazin bietet Artikel zu den Themen E-Business, Social Media, Startups und Webdesign.

CHRISTOPH RÄTHKE

ist Director of Education beim German Tech Entrepreneurship Center (GTEC). GTEC versteht sich als Sprungbrett für Innovation, bildet Gründer aus allen Teilen der Welt aus und verfügt über ein internationales Netzwerk aus Unternehmen, Universitäten und Startups.

NKF Summit LogoWie etablierte Unternehmen mit Startups zusammenarbeiten – das war das Thema des ersten NKF Summits am 7. Dezember 2016 in Berlin. NKF Media ist der Verlag, der die Startup-Magazine Berlin Valley und the Hundert publiziert. Insgesamt mehr als 200 Vertreter von Startups, Mittelstand und Konzernen kamen auf dem NKF Summit zusammen, um über herausragende Beispiele zu diskutieren, wie die Zusammenarbeit von Corporates und Startups gelingen und wie man Innovationen vorantreiben kann.

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