Digital Talents Vol.2:

Was passiert, wenn neue Technologien auf Politik, Gesellschaft und Arbeit treffen?

06/11/2019
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Wer kann sich unsere Hauptstadt überhaupt noch ohne die unzähligen Jobmessen und digitalen Events vorstellen, die GründerInnen, Startup-EnthusiastInnen und Visionäre stürmen und so lebendig machen? Genau, niemand! Umso besser, dass sich die Digital Talents auch nach der Premiere im Februar ein zweites Mal als Recruiting-Event zu den Themen IT, Marketing und Sales positioniert hat. Diesmal haben wir Interessenten in das ehemalige Münzprägewerk “Die Alte Münze” in Berlin-Mitte eingeladen. Um 10 Uhr war Einlass und bis dahin waren dank Heizstrahlern auch die Workshop-Räume der Alten Münze gut aufgewärmt.

Unsere Sales Managerin Daria Groß begrüßte das Publikum um 11 Uhr auf der Main Stage und führte es durch den Tag und ein vielfältiges Programm mit 36 Speakern. „Ich muss den nächsten Zug nach Hamburg erwischen”, kündigte Thomas Bachem gleich zu Beginn seiner Keynote an und sorgte so für einen pünktlichen Start. Trotz Zeitdrucks wirkte der Gründer und Kanzler der CODE University of Applied Sciences relativ entspannt und gab einen kurzen Überblick über das Angebot seiner unkonventionellen Lehreinrichtung, an der die Studiengänge Software Engineering, Interaction Design und Product Management angeboten werden. Auf dem Sprung zum Bahnhof übergab er das Mikrofon an Suza-CEO und Co-Founder Sven Weizenegger, der schon als Speaker bei der Digital Talents Vol.1 dabei war. Der erste Hacker der Deutschen Telekom gab Einblicke in die Cybersecurity-Branche. Er sprach über Leistungsdruck und darüber, dass Technologien – als richtiges Werkzeug eingesetzt – unsere Leben leichter machen sollten. Wer hätte gedacht, dass ZuhörerInnen auf einer Digitalmesse von der poetischen Sichtweise auf das Hacking beflügelt werden könnten? Sven Weizenegger verglich Hacking mit einem Schauspiel zwischen Input und Output und konstatierte zugleich: „Die Hacking-Branche macht mehr Geld als Drogenkartelle.” Spätestens an dieser Stelle wich die Poesie dem Neoliberalismus.

„CYBER-SECURITY IST DIE ACHILLESFERSE DER DIGITALISIERUNG“

Sven Weizenegger, CEO und Co-Founder von Suza

Auf die BesucherInnen warteten acht Workshops und fünf Masterclasses mit einem breiten Themenspektrum. Zum einen ging es um persönliche Themen wie Weiterentwicklung. In dem Workshop „Finde deine Karrieresuperkräfte” mit Jörn Hendrik Ast, Geschäftsführer der New Work Heroes, sollten TeilnehmerInnen ihre Vorstellungen von der Arbeitswelt konkretisieren und dabei ihren persönlichen „New Work Hero” finden oder stärken. Nicol Jahns, Gründer und Inhaber von einfach.behalten, vermittelte Strategien, wie die TeilnehmerInnen relevante Daten, Zahlen und Fakten im Kopf behalten. Der Workshop „Das schnellste Erinnerungssystem der Welt” sollte ihnen helfen, dass diese im Berufsstress nicht untergehen und sogar sinnvoll für den nächsten Karrieresprung eingesetzt werden. Zum anderen ging es darum, spezielle Skills auszubauen, wie zum Beispiel im Workshop „Showcasing a Javascript Blockchain SDK” mit der 2016 etablierten Blockchain-Plattform Lisk. In der Masterclass des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG erarbeiteten Holger Dunkel und Michael Neumann eine Best-Practice Lösung für Prozessdigitalisierung, Automatisierung und Künstliche Intelligenz, von denen Unternehmen profitieren könnten.

Bei den sechs Panels standen der Wandel der Arbeitswelt und dessen Auswirkungen auf ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen im Vordergrund. Die Speaker diskutierten über eher abstrakte Themen wie sinnhaftes Arbeiten, New Work und Diversität. Aber auch über ganz konkrete Situationen: Wie bereite ich mich auf eine Gehaltsverhandlung vor? Welche Skills brauche ich, um in Zukunft im Job erfolgreich zu sein? Macht Remote Work zufriedener? Was sind die Herausforderungen von komplett ortsunabhängigen Unternehmen?

#Arbeiten mit Sinn

Eine Arbeit mit Sinn – die haben die vier Teilnehmenden des Panels für sich bereits gefunden. Dass jeder für sich selbst definieren müsse, was eine sinnvolle Arbeit ist, darin stimmten alle überein. Jochen Baumeister, Gründer des Urban Change Lab, appellierte an den Mut all jener, die sich im falschen Job gefangen fühlen, zu kündigen und sich etwas Passenderes zu suchen. Gründerin Catharina Bruns, die auch Vorsitzende der Kontist Stiftung für Citizen Entrepreneurship ist, engagiert sich für ein neues Verständnis von Arbeit und die Stärkung kreativer Entrepreneurship. Sie machte anwesenden Gründungswilligen Mut, ihre eigenen Ideen umzusetzen. Chris Kaiser von B’n’Tree verglich die Entscheidung für ein eigenes Unternehmen gar mit einem Bungee-Sprung: In dem Moment der größten Angst ist sie auch schon überwunden. Génica Schäfer, die sich bei der grünen Suchmaschine Ecosia um die deutschsprachigen Länder kümmert, zeigte schließlich, dass Sinnsuchende diesen nicht zwangsläufig nur in der Selbstständigkeit, sondern auch im Rahmen einer klassischen Anstellung finden können.

#New Work

Einmal die ganzen Buzzwords zum Thema New Work beiseite lassen und zum Kern der Ursprungsidee von Begründer Frithjof Bergmann zurückkehren – darum ging es den Diskutanten auf dem New-Work-Panel. „Was will ich eigentlich wirklich, wirklich, wirklich machen?” Denn das ist die Frage, um die es tatsächlich geht. „Es geht um Wertschätzung und um Haltung”, erklärte Inga Höltmann, Gründerin der Accelerate Academy, mit Blick auf die Unternehmen. New Work sei keine Nettigkeit der Arbeitgeber; jeder einzelne müsse sie viel stärker einfordern. Auf die Rückfrage aus dem Publikum, ob große Unternehmen New-Work-Prinzipien überhaupt umsetzen können, hatte Karrierecoach Jörn Hendrik Ast eine ganz klare Antwort: „Sie müssen”. Pia Heinze, Scrum Master beim Internettelefonie-Unternehmen Sipgate, gab ganz konkrete Einblicke in ihren Arbeitsalltag. Sipgate setzt komplett auf selbstorganisierte Teams und eine agile, hierarchielose Arbeitskultur. Spätestens als Pia davon erzählte, wie unkompliziert ihr Arbeitgeber mit Anträgen auf Arbeitszeitreduzierung, Urlaub oder Fortbildung umgeht, spielten vermutlich viele der anwesenden Berliner Jobsuchenden mit dem Gedanken, nach Düsseldorf umzusiedeln.

#Diversity

Wie stärken wir den Solidaritätsgedanken in Unternehmen? Prof. Barbara Kotte hat im Rahmen eines Pilotprojektes der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) eine Studie zum Thema „Startups und Diversität” publiziert. Sie begreift die Vielfalt in Geschlechtern und Herkunft als messbare Innovationskraft, die zum wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen beitragen kann. Gemeinsam mit Bertrand Duteil, Projektleiter von Unicorns in Tech, und Stefan Kuschner, Vorstand des Berliner CSD e.V., diskutierte sie über die Bedeutung von Diversität im Berufsleben. Alle drei appellierten für LGBT+ freundliche Unternehmen sowie internationale Teams mit möglichst verschiedenen Werdegängen.

 „WERTSCHÄTZUNG KULTIVIEREN BEDEUTET DIVERSITÄT KULTIVIEREN“

Prof. Barbara Kotte, Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK)

#Gehaltsverhandlung

“Über Geld spricht man nicht!” – In einer Gesellschaft, in der Geld stark mit Macht verbunden und weiterhin ein Tabuthema ist, sind BerufseinsteigerInnen oft ratlos, wie sie mit dem Thema Gehaltsverhandlung umgehen sollen. Henrike von der Platen, Wirtschaftsexpertin und Gründerin des Fair Pay Innovations Labs, diskutierte mit Tamara Schrammel, Marketing Managerin bei Siemens und Sachbuchautorin, darüber, wie man sich am besten auf eine Gehaltsverhandlung vorbereitet und was ArbeitnehmerInnen konkret tun können, wenn sie ungerecht bezahlt werden. Ergänzend erzählte Tamara Schrammel von ihren ersten Erfahrungen im Bewerbungsprozess und ihrer ersten Gehaltsverhandlung bei Siemens. Transparenz und Offenheit seien die Schlüssel, um „Lohngleichheit über Nacht durchzusetzen”, erklärte Frau von der Platen charmant. Ob damit auch gelingen kann, die laut dem Statistischen Bundesamt festgestellte Lohnlücke von 21 Prozent zwischen Frau und Mann zu schließen? Die Expertinnen zeigten sich zuversichtlich und betonten, jeder müsse einfordern, was einem zusteht – dabei sei die Unternehmensgröße zweitrangig, die Unternehmenskultur müsse sich dringend ändern.

#Data

Auch die großen gesellschaftspolitischen Fragen kamen bei der Digital Talents nicht zu kurz. Daten sind schon längst politisches Kapital geworden. Was kann Technologie für die Politik leisten? Wie können wir die Demokratie mithilfe von Daten und digitalen Skills verbessern? Cosmonauts & Kings, das erste deutsche Startup an der Schnittstelle von Politik und Technologie, will eine nachhaltige digitale Kommunikation mit politischen Akteuren wie Donald Trump, der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg oder dem Influencer/ Youtuber Rezo ermöglichen. Welche Herausforderungen sich hierbei ergeben und wie die Kommunikation gestaltet werden sollte, arbeiteten TeilnehmerInnen bei der Masterclass mit Gründer Juri Schnöller heraus. Zuvor hielt er eine Keynote über Demokratie und Daten auf der Main Stage.

„ES IST ZEIT, UNSERE DEMOKRATIE ZU SCHÜTZEN. ZEIT MITHILFE VON DATEN, MENSCHEN ZU BEFÄHIGEN.“

Juri Schnöller, Gründer von Cosmonauts & Kings

Auch zur zweiten Ausgabe der Digital Talents kamen wieder mehr als 1.000 BesucherInnen. Darunter Young Professionals, die bereits erste Arbeitserfahrung gesammelt haben, als auch Auszubildende und Studierende, die noch in die digitale Berufswelt einsteigen wollen. Alle TeilnehmerInnen konnten kostenlos an den Keynotes, Workshops und Panels teilnehmen. Studentin Alicia hat das Event gefallen, „weil es eine gute Vielfalt bietet”. Gemeinsam mit ihren Kommilitoninnen hat sie sich gezielt ausgesuchte Vorträge angehört, die ihnen „einen guten Einblick verschaffen konnten”. Die Arbeitskollegen Fabian und Alexander hatten auch Spaß. „Das Event ist gut aufgebaut. Wir sind gerade erst gekommen und konnten uns noch keine Vorträge anhören. Aber bisher gefällt es uns ganz gut hier”, erzählte Fabian. Beide studieren in der Schweiz und sind extra nach Berlin angereist um auf die Digital Talents zu gehen. Caroline arbeitet im Talent-Management-Team der Tech-Recruiting-Plattform 4scotty. „Generell ist die Veranstaltung sehr spannend gewesen, weil wir viele neue Leute kennengelernt haben und sich die Unternehmen auch untereinander austauschen konnten”, sagte Caroline. Patrick arbeitet erst seit wenigen Wochen bei Talque. Derzeit ist der Event-Management-Anbieter auf der Suche nach Programmierern. „Da hat es sich natürlich angeboten, dass wir als Partner von der Digital Talents hier ausstellen können”, erklärte Patrick. 

Vielen Dank an alle BesucherInnen! Wir freuen uns, wenn ihr neben vielen Visitenkarten und vielleicht sogar auch einem Job-Angebot ganz viele „Aha-Momente” mitnehmen konntet. Danke auch an unsere Fotografin Laura Kießling, die die Atmosphäre der Veranstaltung wieder so schön eingefangen hat, und an unser DJ-Duo Jori und Thomas für die Beats zum Bier! Und natürlich ein riesengroßes Dankeschön an alle Aussteller, Speaker und die tolle Location in der Alten Münze!

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