Bo Ilsoe von Nokia Growth Partners:

„Wir agieren global“

31/08/2016
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Bo, Ihr nennt Euch Nokia Growth Partners. Wie viel vom finnischen Telekommunikationskonzern Nokia steckt in Eurem VC?

Bo Ilsoe: Nokia ist unser Sponsor und seit unserer Gründung der alleinige Investor von Nokia Growth Partners. Aber wir sind trotzdem als unabhängiger Fonds aufgestellt. Das macht unser Modell einzigartig. Die Leute, die Investitionen tätigen, sind gleichzeitig Mitarbeiter des Unternehmens. Auf der einen Seite sind wir sehr interessiert daran, mit unserem Portfolio finanziell erfolgreich zu sein und Ertrag zu generieren. Auf der anderen Seite ermöglicht es unsere Struktur, die besten Talente für Nokia Growth Partners zu gewinnen. Wir können frei über unsere Investments entscheiden. Aber wir haben auch die strategische Ausrichtung von Nokia im Hinterkopf. Und wir wollen, dass die Unternehmen, die wir fördern, in einer Beziehung zu Nokia stehen – beispielsweise als Zulieferer.

2014 hat Nokia seine Handysparte an Microsoft verkauft und als Unternehmen einen deutlichen Kurswechsel hinter sich. Hat das auch unmittelbare Auswirkungen auf Euer Portfolio?

Bo Ilsoe: Wir hatten das Portfolio von Nokia Growth Partners um die Themenfelder Smartphone und Tablet aufgestellt. Nur weil Nokia jetzt nicht mehr in diesem Geschäftsfeld tätig ist, heißt das aber nicht, dass wir unsere Anteile an den entsprechenden Unternehmen sofort verkaufen. Wir wollen das vorhandene Portfolio entwickeln und dann möglicherweise einen Exit machen.

Grundsätzlich haben aber solche Startups bessere Chancen, die für Nokia nützlich sein könnten?

Bo Ilsoe: Nicht unbedingt. Im Portfolio von Nokia Growth Partners gab es auch immer Unternehmen, die nicht unmittelbar im Geschäftsfeld von Nokia lagen, mit dem Ziel, sie so erfolgreich wie möglich zu machen. Dieses Modell hat Nokia auch durch die Schwierigkeiten und die Kurswechsel der letzten Jahre geholfen. Dennoch suchen wir in unseren Investments auch nach einer langfristigen, strategischen Relevanz für Nokia. Momentan steht etwa die Hälfte unseres Portfolios in einem klaren Zusammenhang mit Nokia – und wir wollen den Anteil auf 70 bis 75 Prozent erhöhen. Dennoch werden wir auch Unternehmen unterstützen, die keine direkte Geschäftsbeziehung mit Nokia haben und zu uns passen.
[clickToTweet tweet=” „Immer mehr junge Menschen wollen Entrepreneure werden.“ – #Bo Ilsoe, @Nokia Growth Partners” quote=” „Immer mehr junge Menschen wollen Entrepreneure werden.“ – #Bo Ilsoe, @Nokia Growth Partners”]

Wofür interessiert Ihr Euch aktuell besonders?

Bo Ilsoe: Für das Internet der Dinge. Und da wiederum gibt es vier Bereiche, auf die wir uns spezialisiert haben: Connected Car, Digital Health, Enterprise IoT und Consumer IoT. Alles schwer einzugrenzende Felder, aber wir haben ja auch die Mittel, uns nicht zu stark beschränken zu müssen. Erst im Februar haben wir bekanntgegeben, dass wir einen neuen 50-Millionen-Dollar-Fonds auflegen. Aus früheren Fonds haben wir auch noch 150 Millionen Dollar übrig, die noch nicht investiert wurden. Macht insgesamt eine Kapazität von 200 Millionen Dollar. Wobei ein Teil dieser Summe auch als Folgeinvestition für Projekte verplant ist, die wir bereits finanziell unterstützt haben.

Wie viele Unternehmen habt Ihr im Portfolio?

Bo Ilsoe: Momentan sind es rund 40. Etwa 20 weitere Startups haben mit uns bereits einen Exit hingelegt. Wir haben also in den vergangenen Jahren mehr als 60 Investments gemacht.

Nokia ist ein finnisches Unternehmen. Liegt der Schwerpunkt der Investments ebenfalls im skandinavischen Raum?

Bo Ilsoe: Nein, wir agieren global. Wir investieren in Europa, in den USA, in China und in Indien. Da sind wir überhaupt nicht festgelegt. Das ist – neben unserer unmittelbaren Nähe zu Nokia – auch eines unserer größten Alleinstellungsmerkmale. Wir haben auch keine feste Zentrale. Ich lebe beispielsweise in der Schweiz. Wir haben aber auch fünf Teammitglieder in Helsinki. Ein Partner sitzt in Washington, einige weitere leben in der Bay Area. Wieder vier andere in Peking – und die Liste ließe sich noch fortführen. Das erweitert unsere Optionen ungemein und schafft Raum für Synergien.

Zum Beispiel?

Bo Ilsoe: Ich habe beispielsweise kürzlich in Drivy investiert. Das ist ein Startup aus Frankreich, das es Privatpersonen ermöglicht, ihr Auto an andere zu vermieten. Wir glauben, dass Drivy in Europa in seinem Segment der beste Player ist – in jedem Fall ist es der größte. Mit den Einsichten, die wir aus dem Investment bei Drivy gewonnen haben, haben wir uns nach den führenden Peer-to-peer-Autovermietungen in den USA und Indien umgeschaut. Und schließlich in das indische Startup Zoomcar investiert. Wir haben also Gelerntes direkt wieder angewendet.

Welche Größe müssen Unternehmen haben, um für Nokia Growth Partners interessant zu sein?

Bo Ilsoe: Wir sind Growth-Stage-Investoren. Das bedeutet wir investieren ab Series B. Und dafür gibt es auch Gründe. Zum einen sind wir global tätig und haben daher nicht die Kapazitäten, um in einzelnen Ländern Early-Stage-Aufbau zu betreiben. Und zweitens zielen wir darauf ab, dass die Unternehmen, in die wir investieren, eine sinnvolle Beziehung mit Nokia aufbauen. Nokia ist ein großes Unternehmen und fordert von seinen Partnern bestimmte Kapazitäten und Qualitäten im Service ein. Und darüber hinaus auch ein Verständnis dafür, wie ein großes Unternehmen funktioniert. Kleinere Startups könnten dabei Probleme bekommen.

Sie sind seit 2002 im Venture-Capital-Geschäft in Europa aktiv. Wird die Konkurrenz unter den Fonds größer, so dass Startups sich die Investoren aussuchen können?

Bo Ilsoe: In jedem Fall ist aktuell sehr viel Geld im Umlauf. Das Ökosystem hat sich entwickelt: Immer mehr junge Menschen wollen Entrepreneure werden. Es gibt Startup-Events mit 15.000 Leuten. Diese Stimmung motiviert Menschen, Risiken auf sich zu nehmen. Zwar werden auch viele scheitern. Aber dennoch wird es immer mehr Unterstützung für Gründer geben. Auch weil wir ein historisches Zinstief haben: Da ist es profitabler, Geld zu investieren anstatt es auf der Bank liegen zu lassen. Der Wettbewerb ist auch für uns Investoren größer geworden. Junge Unternehmen werden sehr schnell sehr teuer.

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Das Gespräch führte Corinna Visser.[td_block_text_with_title custom_title=”BO ILSOE”]Bo Ilsoe ist Partner bei Nokia Growth Partners in Europa und hat mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung unter anderem in den Bereichen Venture-Capital, Investment-Management und Fundraising. Derzeit arbeitet er mit: Drivy, GetYourGuide, Moovit, Babbel, MAG Interactive, Siebeneck, Innovis, InVisage, Omnidrone, Pelican Imaging, Yogaia und ganz aktuell Deliveroo.

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